Keine Angst vor Überqualifikationen

Lebenslanges Lernen ist ein gern genutzter Schlüsselbegriff für berufliche (und private) Erfolge. Doch wie sieht es aus, wenn man einfach zu viel weiß? Am besten, vielmehr schlimmsten, sogar mehr als Abteilungsleiter und Vorgesetzte zusammen? Dann stellt sich die Qualifikation sehr schnell als Karrierehemmnis heraus, man ist überqualifiziert.
Es kann jedem Qualifizierten passieren
Wie kann dies geschehen? Teilweise sind Jobwechsel oder minderqualifizierte Arbeitsstellen dafür verantwortlich. Die Mutter, die nach der Babypause nicht an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren kann und eine Stelle annehmen muss, die nicht ganz gleichwertig ist – alternativ bliebe nur der Firmenwechsel; der Gruppenleiter, der sich durch das Zusammenlegen von Firmen und/oder Lean Management plötzlich als Einzelarbeiter wiederfindet und vielleicht auch mit anderen, weniger wichtigen Aufgaben betreut wird; der Arbeitslose, dem nur Stellen unterhalb seiner Qualifikation angeboten werden, wird in dem neuen Unternehmen eventuell ebenfalls nicht weiterkommen, sondern eher misstrauisch beäugt werden; die Akademikerin, die nach dem Uniabschluss noch eine bodenständige Zusatzausbildung machen möchte, weil es vorher damit nicht geklappt hat, könnte Einstellungsschwierigkeiten bekommen; eine Filialleitung weigert sich, den Besten einer anderen Filiale aufzunehmen, um die eigenen Umsätze zu fördern; eine Frau, deren Qualifikation höher ist als die der Vorgesetzten, wird selten aufsteigen; dasselbe passiert einem Mitarbeiter, der aus anderen Gründen nicht sehr geschätzt wird. Es gibt viele solcher Beispiele. Die Überqualifikation selbst ist dabei selten der eigentliche Grund, warum der Weg nach oben versperrt ist. Sie wird sehr oft nur als Argument vorgeschoben.
Auch bei Karrierefragen „menschelt“ es
Es ist zu beobachten, dass oft genug von oben gebremst wird, wo die Nutzung des Expertenwissens dringend nötig wäre. Tatsächlich ist das Wissen von heute der Erfolg von morgen, das weiß man spätestens seit gestern. Doch zu oft funktionieren interne Seilschaften als Hindernisse für Neulinge, werden Experten nicht gehört, Karrierewillige nicht durchgelassen. Selten liegt dies an den Firmenstrukturen. Meist sind es sehr menschliche Eigenschaften wie Neid, Eifersucht, Misstrauen, die Gier nach dem eigenen Aufstieg, die Angst vor dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes und/oder der Machtanspruch, die Menschen dazu veranlassen, den Mitarbeiter mit einer mehr als hochwertigen Qualifikation nicht zu fördern, sondern auszubremsen. Dabei muss man nicht einmal die immer noch horrenden Unterschiede in der Behandlung von Männern und Frauen anführen. Von Karrierehindernissen sind auch die Herren der Wirtschaftsschöpfungskette betroffen.
Wer sein Licht nicht unter den Scheffel stellen möchte, braucht viel diplomatisches Geschick, Fingerspitzengefühl, Mitmenschlichkeit und zahllose Soft Skills, damit sich niemand bedroht fühlt und deswegen die Karriere behindert.